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„Verbrennt mich“

Ein Protest von Oskar Maria Graf

Als die Nazis am 10. Mai in Berlin und anderen Universitätsstädten im Zuge einer „Aktion wieder den undeutschen Geist“ tausende von Büchern in die Flammen warfen, wurde Name und Werke eines linken, widerständigen Autoren nicht genannt: Oskar Maria Graf. Bertolt Brecht, der am heutigen 10. Februar seinen 125 Geburtstag hat, kannte ihn gut: „Ein verjagter Dichter, einer der Besten.“ Dieser setzte sich an die Schreibmaschine und bat alle ausländischen Zeitungen seinen Protest zu veröffentlichen. Unter dem Titel „Verbrennt mich“ hieß es:

Wie fast alle links gerichteten, entschieden sozialistischen Geistigen in Deutschland, habe auch ich etliche Segnungen des neuen Regimes zu spüren bekommen: Während meiner zufälligen Abwesenheit aus München erschien die Polizei in meiner dortigen Wohnung, um mich zu verhaften. Sie beschlagnahmte einen großen Teil unwiederbringlicher Manuskripte, mühsam zusammengetragenes Quellenstudien-Material, meine sämtlichen Geschäftspapiere und einen großen Teil meiner Bücher. Das alles harrt nun der wahrscheinlichen Verbrennung. Ich habe also mein Heim, meine Arbeit und – was am Schlimmsten ist – die heimatliche Erde verlassen müssen, um dem Konzentrationslager zu entgehen.
Die schönste Überraschung aber ist mir erst jetzt zuteil geworden: Laut ‚Berliner Börsencourier‘ stehe ich auf der ‚weißen Autorenliste‘ des neuen Deutschlands, und alle meine Bücher, mit Ausnahme meines Hauptwerkes ‚Wir sind Gefangene‘, werden empfohlen!
Ich bin also dazu berufen, einer der Exponenten des ‚neuen‘ deutschen Geistes zu sein!
Vergebens frage ich mich, womit ich diese Schmach verdient habe?

Protestaufruf von OM Graf

….
Und die Vertreter dieses barbarischen Nationalismus, der mit Deutschsein nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hat, unterstehen sich, mich als einen ihrer ‚Geistigen‘ zu beanspruchen, mich auf ihre sogenannte ‚weiße Liste‘ zu setzen, die vor dem Weltgewissen nur eine schwarze Liste sein kann! Diese Unehre habe ich nicht verdient! Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, daß meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbande gelangen!
Verbrennt die Werke des deutschen Geistes! Er selber wird unauslöschlich sein wie eure Schmach!“

Da wir für die Aktionswoche »verbrannt&verbannt – Bücher und ihre Autor*innen« auch im Rahmen der sozialen Medien werben wollen, haben wir bei Twitter dafür einen Account unter dem Namen von O.M. Graf eingerichtet.