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Werke mit Zukunft

In der Ausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers vom Freitag dem 12. Mai berichtet Rafael Greboggy über die Eröffnungsveranstaltung der Aktionswoche am 10. Mai.

 

Gedenkwoche an die Bücherverbrennungen 1933 in Zentralbibliothek eröffnet

„Nicht entmutigen lassen, das hat Zukunft!“, soll Armin T. Wegner Günter Wallraff in seiner ersten öffentlichen Lesung 1961 zugerufen haben. Wallraff kannte ihn damals nicht. 62 Jahre später las Wallraff bei einer Gedenkveranstaltung zu den Bücherverbrennungen unter dem NS-Regime aus Wegners Briefen. Denn Wegner erlebte den Vernichtungswillen gleich zweier Regime. Er dokumentierte den Völkermord des Osmanischen Reichs an den Armeniern. Und am 11. April 1933 schrieb er einen offenen Brief an Adolf Hitler, um die Juden zu verteidigen. Trotzdem kenne ihn heute kaum jemand, sagte Wallraff bei der Veranstaltung.

Wegner ist einer von fünf Autorinnen und Autoren, den die Gäste der Zentralbibliothek zur Eröffnung von „verbrannt und verbannt“ kennenlernen durften. Bei der Eröffnung der Aktionswoche brachten der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani, die SPD-Politikerin Lale Akgün, die Schriftstellerin Eva Weissweiler und Günter Wallraff Texte verbotener Autoren und Autorinnen mit. Fatih Çevikollu moderierte, Maryam und Mostafa Akhoundi spielten Lieder.
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Navid Kermani weitete den Blick auf die Nöte im Rest der Welt. Kurz erwähnte er auch die Situation im Iran. „Alle namhaften Autoren und Autorinnen können dort nicht veröffentlichen.“ Anschließend stellte er Gedichte von Joachim Ringelnatz vor. Der ließe sich nicht als lustiger Versschmied abstempeln. Geradezu prophetisch habe er koloniale Missstände und die Grausamkeit des NS-Regimes in Gedichten aufgedeckt, so etwa in „Wir sind, sagen die Lauen“. Die Nazis verboten dem Poeten aufzutreten. Er verarmte und starb 1934 an Tuberkulose.

Auch Eva Weissweiler stellte mit Anna Seghers eine Autorin vor, deren Werke von den Nationalsozialisten verboten wurden. Die Autorin ging ins Exil. „Die Verfemung durch die Bücherverbrennung hat ihr nichts anhaben können“, sagte Weissweiler. Trotz der vielen Schicksalsschläge kommt sie auf über 1500 Titel und Übersetzungen. Weissweiler las aus „Der Ausflug der toten Mädchen“.

Mit Blick auf die Wahlen in der Türkei stellte Lale Akgün einen Text des „größten Satirikers der Türkei“ vor, Aziz Nesin. „Satire ist in Diktaturen einer der einzigen Waffen, die man hat, weil oft genug die Zensoren zu dumm sind, um sie zu verstehen“, sagte Akgün. … Lale Akgün las aus einer Geschichte, in der ein Esel auch dann noch die Anwesenheit eines Wolfes leugnet, als das Raubtier ihn zerfleischt. „Hoffen wir, dass in drei Tagen in der Türkei nicht die Esel wählen gehen“, resümiert die SPD-Politikerin.

Neben Armin T. Wegner stellte Wallraff auch Texte von Oskar Maria Graf vor, „ein Urbayer, der aus dem Leben schrieb“. Graf empörte sich nach den Bücherverbrennungen darüber, dass die Nazis sein Werk auf eine weiße Liste aufnahmen, wodurch seinen Büchern die Flammen erspart blieben. „Diese Unehre habe ich nicht verdient“, schrieb Graf in der Wiener Arbeiter-Zeitung und verlangte, dass auch seine Werke verbrannt würden. ….

Der vollständige Text findet sich hier: Werke mit Zukunft.

Die Fotos stammen von Renate Bonow und Heinrich Bleicher.

Ein weiterer Bericht über die Eröffnungsveranstaltung von Brigitte Schmitz-Kunkel findet sich auf der Kulturseite des Kölnischen Rundschau vom 12. Mai. Der Titel “Die Heimat in Seele und Leib”