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Wilhelm Unger zum Tag der Bücherverbrennung

Zwanzig Jahre nachdem sein Erstlingswerk »Beethovens Vermächtnis« bei der Bücherverbrennung in Köln ins Feuer geworfen worden war, schrieb Wilhelm Unger ein Gedicht zu diesem Tag. Der aus einer jüdischen Familie stammende Autor, Journalist und Theaterkritiker war 1904 nach Köln gezogen. Nach seinem Studium der Germanistik, Philosophie und Psychologie arbeitete er für die Kölnische Zeitung und den Westdeutschen Rundfunk. Als die deutsche Wehrmacht im März 1939 in Prag einmarschierte floh Unger nach England wohin sein Bruder schon vorher gegangen war.

Im Dezember 1956 kam Unger nach Köln zurück, wo er für den Kölner-Stadtanzeiger, den WDR, die Deutsche Welle sowie die Allgemeine Wochenzeitung der Juden in Deutschland (heute Jüdische Allgemeine) arbeitete. Gemeinsam mit Heinrich Böll und Paul Schallück war Unger einer der Gründer der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und der Bibliothek Germania Judaica.

Bodenplatte für Unger vor der alten Universität (Foto: HB)

Wie Erich Kästner in Berlin war auch Unger bei der Bücherverbrennung in seiner Heimatstadt dabei. Zwei Jahre vor seinem Tod hat er 1983 einen ausführlichen Augenzeugenbericht über die Kölner Bücherverbrennung für den Rheinischen Merkur geschrieben. Nachfolgend sein Gedicht, das wir mit freundlicher Genehmigung des Historischen Archivs der Stadt Köln, dass seinen Nachlass beherbergt, veröffentlichen.

 

 

Zum Tag der Bücherverbrennung

Das große Sterben war erst großes Hassen,
Vernichtung war dem Geist erst zugedacht,
es folgten ihnen lautlos rohe Massen
Im falschen Banner einer Frühlingsnacht.

Es war der Frühling nicht des neuen Lebens,
es war der Flammentod der Tyrannei,
es war die Fahne des gemeinen Strebens,
es war die Niedertracht der Heuchelei.

Der Himmel färbte sich mit dunklen Zeichen,
die Fackeln schäumten Blut zum Horizont,
schon türmten hoch sich Millionen Leichen
im grellen Fiebertraum der Zukunfts-Front.

Es starb dahin das Wort und auch die Würde,
in manchen Jahren mühsam aufgebaut,
die Sehnsuchtsrufe mancher Dichterbürde
erstickten und der Hass war stark und laut.

Der Jubel aber des großen Unterganges
versank jedoch im eigenen Blut, die Zeit
was um das alte Wort des heil´gen Sanges
entstieg der Asche wie vom Tod befreit.

Und das Vermächtnis unserer teuren Toten
aufs neu erglüht, den Zeiten eingereiht,
Sie werden, was sie sind, lebend´ge Boten
Der Menschheitsdämm´rung Ewigkeit.

  1. Mai 1953 (Quelle: HAStK Best. 1346 A 4)